Möbelbranche – Zusammenarbeit neu gedacht

Potentiale gemeinsam heben
Die Möbelbranche in Deutschland ist ein starker, traditioneller Wirtschaftssektor.
Wie viele Branchen ist sie im Umbruch und steht in Bezug auf die Umgestaltung der Geschäftsprozesse vor großen Herausforderungen.
Es geht vor allem um Ressourcen.
Ein großes Potential liegt bei den Bestandsprodukten in vielerlei Hinsicht.
Es zu heben, geht nur zusammen.
Ein bewussterer Umgang mit den vorhandenen Ressourcen, die Aufnahme neuer Kundenanforderungen im Nutzungsverhalten und die digitale Aufstellung am Puls der Zeit zwingen zum Weiterentwickeln und zum Umdenken. Gelingen kann es nur mit einer Neuausrichtung in der Zusammenarbeit vor allem von Zulieferunternehmen, Produzenten und Einkaufs – und Handelsverbände der Möbelbranche.
Gemeinsam statt allein
Ein äthiopisches Sprichwort sagt: “Wenn Spinnen vereint weben, können sie einen Löwen fesseln”.
Mit Blick auf die Bestandsprodukte der Möbelbranche bedeutet es, die bestehenden Stakeholder- Beziehungen zu überprüfen und mit Sicherheit auch gemeinsam nach zusätzlichen, alternativen und auch neuen Ansätzen zu suchen.
Dies ist auch ein grundlegendes Element in der RE:FID-Initiative – „Re:Furniture Initiative Deutschland“.
Innerhalb der Initiative sollen in einem offenen Austausch praxisnahe und umsetzungsreife Lösungen aufgezeigt, ein Lernen aus bereits vorhandenen Konzepten von Unternehmen und Organisation für neue und zusätzliche Optionen ermöglicht und die Potentialsteigerung durch neue Kooperationen geschaffen werden.
Im Verständnis eines gelebten Think Tank-Charakters.
Die Grundlage dafür ist die richtige Stakeholder-Landschaft.
Welche Rahmenbedingungen sind notwendig für die Umsetzung?
Welche Bedeutung kommt den einzelnen Stakeholdern zu?
Welche Beziehungen müssen gemeinsam neu gedacht werden.
Zwei Beispiele aus der Stakeholder-Map zeigen die Relevanz aller Beteiligten für den Erfolg.

Logistik – Rückwärtsdenken aufbauen
Logistik ist komplex, branchen – und kundenbezogen differenziert aufgestellt und permanent in Veränderung. Und Möbellogistik verlangt nach Spezialisten – Stichwort „2-Mann-Handling“.
Für den RE:FID-Ansatz ergibt sich eine zusätzliche Herausforderung.
Reverse Logistik. Die Challenge des e-commerce.
„Deutschland ist Retouren-Europameister“ beschreibt es ntv. Die Gründe sind bekannt und in den Auswirkungen ein absoluter Nachhaltigkeitskiller. Lt. statista liegt der Anteil für Möbel aktuell zwar „nur“ bei 4%, aber dies wird sich ändern.
Um Bestandsmöbel in neue Kreisläufe zu bringen und mit den vorhandenen Ressourcen effizienter zu wirtschaften, benötigt es neue Lösungen. Vor allem, da sich mit Takeback-Systemen die Beziehungen zwischen den Stakeholdern verändern oder neue entstehen.
- Kunden > Handel | Hersteller
Produktrückführungen aufgrund von Rebuy oder Rental-Modellen erfordern die gleiche Expertise wie bei den Anlieferungen.
Die Möbel sollen wiederverwendbar bleiben.
- Kunden > Entsorger / Verwerter
Gebrauchte Möbel besitzen ein hohes Potential für Wiederaufbereitung – wenn sie in einem verwertbaren Zustand zu den relevanten Annahmestellen gelangen. Logistisch ist dieses Feld noch nicht bzw. kaum besetzt
- Handel > Hersteller
Nicht verkaufte Produkte – unter der Voraussetzung Qualität – bieten sich für Refurbishment und Re-Manufacturing an.
Ein neuer Channel für neue Kreisläufe bedarf auch neuer Logistiklösungen.

Stakeholder Politik gefragt
Ohne politische Einflussnahme sind gesellschaftliche Entwicklungen und damit auch wirtschaftliche Veränderungen nicht umsetzbar. Dies gilt ebenfalls für den RE:FID-Ansatz.
Der Life Cycle-(LC)-Prozess für Bestandsprodukte in der Möbelbranche ist vielschichtig. Allein kann ein Stakeholder „Politik“ Veränderungsprozesse für mehr Zirkularität nicht steuern, aber ihm kommt für eine erfolgreiche Umsetzung eine große Bedeutung zu – über das Schaffen der Voraussetzungen, dem Umsetzen von bestehenden Festlegungen und der Fixierung bei notwendigem Anpassungsbedarf.
Drei Ansätze für die Rolle der Politik mit Fokus auf den Rohstoff Holz:
- Um echte Ressourceneffizienz bereits am LC-Beginn zu ermöglichen, bedarf es u.a. nachvollziehbarer Lieferströme (Lieferkette), digitaler Transparenz (DPP) und neu zu regulierender Zugangsvoraussetzungen (Nutzung einheimischer Ressourcen). Letztlich Voraussetzungen für Messungen des Product Carbon Footprint (PCF) und Life Circle Analysen (LCA).
- Um während des LC von Bestandsprodukten auch Einsparungspotentiale an Ressourcen zu heben, müssen u.a. auch bereits bestehenden Regeln konsequent umgesetzt und ggfls. über Förderprogramme erweitert werden – ein Beispiel zum Thema öffentliche Beschaffung von Büromöbeln.
- Auch in einer aktuell linear aufgestellten Möbelbranche darf das LC-Ende – hier Materialeinsatz Holz – beim Recycling nicht automatisch thermische Verwertung bedeuten. Das Beispiel Altholzverordnung zeigt den Handlungsbedarf: „Altholz ist prädestiniert für eine Kaskadennutzung stofflich-energetisch. In der fünfstufigen Abfallhierarchie des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) ist die stoffliche Verwertung höherwertiger als die energetische. Die Altholzverordnung (AltholzV) aus dem Jahr 2002 stuft allerdings beide Verwertungsarten als hochwertig ein.“- Quelle BMUV. Aktuell wird an der Novellierung mit Umsetzungsziel Jahreswechsel 2022/23 gearbeitet.
Welche bestehenden Projekte und Geschäftsmodelle für Bestandsmöbel gibt es schon und welche Potentiale können davon abgeleitet werden? Best Practices & Lessons Learned im nächsten und letzten Blog-Beitrag zur RE:FID-Initiative.